Comeback in Formel 1 und Langstrecken-Weltmeisterschaft 2021: Alpine zurück im Motorsport - Kultmarke setzt traditionsreiche Rennhistorie fort

Alpine startet im Motorsport durch und engagiert sich zukünftig in zwei Topserien: Das Alpine F1 Team rollt 2021 in der Königsklasse mit dem zweifachen Weltmeister Fernando Alonso und Esteban Ocon an die Startlinie. Darüber hinaus tritt die Kultmarke in der kommenden Saison unter dem Namen Alpine Endurance Team in der LMP1-Klasse der WEC-Langstrecken-Weltmeisterschaft an. Damit unterstreicht Alpine seine Ambitionen als Sportwagen-Marke der Renault Gruppe und knüpft an die erfolgreiche Motorsporthistorie der Marke an. Ursprünglich feierte die Marke im Rallye-Sport ihre grössten Erfolge und siegte bei der internationalen Rallye-Markenmeisterschaft 1971 und der Rallye-Weltmeisterschaft 1973. Darüber hinaus war Alpine im Langstreckenrennsport aktiv, erzielte Siege im Formel-Sport und unterstützte Renault in den frühen Jahren von dessen Formel 1-Engagement.
Urdorf, den 08. Oktober 2020 – Rennsport bedeutete in den Anfangsjahren von Alpine vor allem Rallye-Sport. Bereits der Name erinnert an Jean Rédélés Klassensieg beim Coupe des Alpes 1954. Sobald er seine ersten eigenen Fahrzeuge produzierte, schickte der passionierte Rallye-Pilot diese auf die Rennstrecke. So beginnt die Karriere von Rédélés Erstling, der A106, gleich mit einem Paukenschlag: dem Gewinn in der 750-Kubikzentimeter-Klasse bei der Mille Miglia 1956 mit Jean-Claude Galtier und Maurice Michy im Cockpit. 1960 siegen Jacques Féret und Jacques Rambaud mit der A106 bei der Rallye Monte Carlo in der Wertung der GT-Fahrzeuge unter 1.000 Kubikzentimeter.

Auch das Nachfolgemodell A108 schlägt sich auf den Rallye-Pisten hervorragend, wie der Klassensieg bei der Rallye des Routes du Nord 1961, der vierte Gesamtrang beim Coupe des Alpes im selben Jahr und der Klassensieg bei der Tour de France automobile 1962 zeigen.

A110: HEISSES EISEN FÜR DEN RALLYE-EINSATZ
Die A108 „Berlinette Tour de France“ nimmt das Design und wichtige technische Details der Berlinette A110 vorweg, die 1962 ihre Premiere feiert und für Alpine zum sportlichen Erfolgsmodell schlechthin avanciert. Mit Klassensiegen bei der Rallye des Lions in der Normandie, der Rallye Lyon–Charbonnières–Stuttgart und der Tour de France automobile feiert die blaue Flunder 1963 einen Motorsporteinstieg nach Mass. Jacques Féret gewinnt den Vizetitel in der französischen Rallye-Meisterschaft in der GT-Klasse. Ihr Potenzial demonstriert die A110 im Folgejahr mit einem Klassensieg bei der Rallye Monte Carlo und bei der Rallye des Routes du Nord. Hier erringt sie den Gesamtsieg gegen die weitaus stärkeren Wettbewerber von Ferrari, Jaguar und Aston Martin. Am Ende des Jahres 1964 steht die Vizemeisterschaft im Gesamtklassement in der französischen Rallye-Meisterschaft.

IMMER STÄRKER, IMMER ERFOLGREICHER
Immer potenter wird die A110 in den Folgejahren. 1965 kommt die A110 1300 S, die aus 1,3 Liter Hubraum ohne jegliche Aufladung 120 PS mobilisiert und 228 km/h schnell ist. Die Berlinette sorgt damit weiterhin für viel Wirbel und gute Platzierungen auf den französischen Rallye-Pisten. So belegen gleich vier A110 beim prestigeträchtigen Critérium des Cévennes im Klassement Prototypen/Sportwagen die ersten Plätze. Der härteste Konkurrent für die Equipe aus Dieppe ist in diesen Jahren ausgerechnet Renault mit dem R 8 Gordini. Bei der Korsika-Rallye 1965, welche die A110 auf Platz zwei beendet, sind die ersten fünf im Endklassement mit Renault Motoren ausgerüstet.

Auch die kommenden Jahre sind gekennzeichnet von zahlreichen Rallye-Erfolgen. 1966 springt für die A110 und Pilot Jean-Pierre Hanrioud der zweite Platz in der französischen Rallye-Meisterschaft heraus, ab 1967 greift Gérard Larousse für die Equipe aus Dieppe ans Lenkrad und avanciert schnell zur Nummer eins im Team. Gleich zu Beginn der Saison 1968 verpasst er nur knapp den Gesamtsieg bei der Rallye Monte Carlo. Gedankenlose Zuschauer schaufeln direkt hinter einer Kurve Neuschnee auf die Strecke, um so für noch mehr Spannung zu sorgen. Die Folge: Larousse, deutlich in Führung liegend, verliert die Kontrolle und kommt von der Strecke ab. Ein Fehlschlag zwar, aber auch ein Vorgeschmack auf kommende Rallye-Erfolge der A110.

DAUERABO AUF DIE NATIONALE RALLYE-MEISTERSCHAFT
Auf nationaler Ebene ist Alpine 1968 endlich am Ziel: Der zweite Mann im Team, Jean-Claude Andruet, gewinnt die französische Rallye-Meisterschaft. Bis 1975 wird die A110 diesen Titel nicht mehr hergeben. Und noch in anderer Hinsicht ist 1968 ein besonderes Jahr für Alpine: Renault legt seine kompletten Motorsportaktivitäten in die Hände von Rédélés Firma. Der Schwerpunkt liegt auf dem Rallye-Sport. Renault stellt einen aussergewöhnlichen Service auf die Beine. Sogar Vertragswerkstätten unterstützen jetzt die Werksfahrer. Bei der Tour de Corse 1969 ist Alpine mit insgesamt 16 A110 präsent. Die Saison 1969 entwickelt sich zu einem spannenden Duell zwischen Alpine Pilot Jean Vinatier und Gérard Larousse, der zu Porsche gewechselt ist. Am Ende geht die französische Meisterschaft nach Dieppe. Auch in der europäischen Markenmeisterschaft kann die Equipe von Jean Rédélé mit dem Coupe des Alpes und der Rallye München–Wien–Budapest zwei wichtige Siege erringen.

MIT DER A110 1600 S AN DIE INTERNATIONALE SPITZE
Bei Alpine dreht man 1969 nochmals an der Leistungsschraube und präsentiert die A110 1600 S. Ihr aus dem Renault 16 TS stammender 1,6-Liter-Motor stellt 138 PS bereit und beschleunigt je nach Getriebeabstufung auf bis zu 225 km/h. Mit dem neuen Treibsatz erweist sich die Berlinette als äusserst konkurrenzfähig. 1970 gewinnt Jean-Claude Andruet mit der A110 1600 S die Rallye-Europameisterschaft, damals die höchstrangige Klasse im Rallye-Sport. Mit der Rallye San Remo und der Akropolis-Rallye gewinnt das Werksteam ausserdem zwei prestigeträchtige Läufe zur internationalen Marken-meisterschaft. Alpine ist im Rally-Sport endgültig an der Weltspitze angekommen.

1971 wird zum grossen Jahr der französischen Sportwagenmarke: Die A110 1600 S gewinnt mit vier Siegen des schwedischen Piloten Ove Andersson souverän die internationale Markenmeisterschaft. Zu den Saisonhöhepunkten zählt der Dreifachsieg bei der Rallye Monte Carlo. Neben Andersson und seinem Beifahrer David Stone machen Jean-Luc Thérier/Marcel Callewaert und Jean-Claude Andruet/Michel Vial den Hattrick perfekt.

ERFOLGREICHE TURBO-PREMIERE IN DER A110
1972 kann Alpine trotz verschiedener guter Platzierungen an das Vorjahresergebnis nicht anknüpfen, dennoch schreibt die französische Equipe in diesem Jahr Geschichte: Jean-Luc Thérier und Marcel Callewaert gelingt beim „Critérium des Cévennes“ der erste Sieg für ein turbogeladenes Fahrzeug im europäischen Motorsport. Alpine bestückt hierfür eine A110 1600 S mit einem Single-Turbolader, der die Leistung des Vierzylinders auf 240 PS steigert. Sicherheitshalber wird der Ladedruck für den Renneinsatz reduziert, so dass „nur“ 200 PS zur Verfügung stehen. Der spät und brutal einsetzende Turboschub sorgt dennoch für einen heissen Tanz.

IM TRIUMPHZUG ZUM WELTMEISTERTITEL
Nach dem eher enttäuschenden Vorjahr erlebt die A110 1973 einen wahren Triumphzug auf den Rallye-Pisten. Erstmals hat der Automobil-Weltverband FIA eine Rallye-Weltmeisterschaft ausgeschrieben. Von den 13 Wertungsläufen nimmt Alpine an acht teil und gewinnt bei sechs. Damit holt sich Alpine souverän den WM-Titel. Herausragend ist der erneute Dreifachsieg bei der Rallye Monte Carlo von Jean-Claude Andruet/Michèle Espinosi-Petit, Ove Andersson/Jean Todt und Jean-Pierre Nicolas/Michel Vial. Einen weiteren Dreifach-Triumph landen die „Musketiere“, wie die internationale Presse die Alpine Piloten bald tauft, bei der Tour de Corse. Korsika ist für die A110 ohnehin ein gutes Terrain. Hier sichert sich die Flunder aus Dieppe 1968, 1970, 1972 und 1973 den ersten Platz. Zum echten Seriensieger avanciert die A110 ausserdem bei der Rallye Lyon–Charbonnières (1968, 1969, 1970, 1971, 1972), dem Coupe des Alpes (1968, 1969, 1971), der Akropolis-Rallye (1970, 1971, 1973) und der Rallye San Remo (1970, 1971, 1973).

ABENTEUER LE MANS
Nach dem Gewinn der Rallye-Weltmeisterschaft und der Übernahme durch Renault 1973 setzt sich Alpine ein neues Ziel: den Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans. Für den Sportwagenhersteller ist der Circuit de la Sarthe damals längst keine unbekannte Strecke mehr. Bereits in den 1960er-Jahren ist er hier mit der A110 und eigenen Sportprototypen an den Start gegangen. Damals ging es jedoch nur um Klassensiege. Für den Gesamtsieg fehlte es der jungen Marke noch an Ressourcen und Motoren.

Erstmals fährt Alpine 1963 mit drei neu entwickelten M63-Prototypen nach Le Mans. Das M im Namen steht für Le Mans, die 63 für das Jahr. Bei dem Fahrzeug der 1.000-Kubikzentimeter-Klasse handelt es sich ursprünglich um eine Auftragsarbeit von Lotus Chefkonstrukteur Len Terry. Da der Entwurf nicht dem zwischenzeitlich geänderten Le-Mans-Reglement entspricht, wird er bei Alpine gründlich modifiziert und erhält sein charakteristisches Design mit dem langen Fliessheck. Die im Windkanal optimierte Karosserie besteht, wie bei Alpine üblich, aus Kunststoff. Darunter befindet sich im Stil der Alpine Serienfahrzeuge ein Zentralrohrrahmen. Als Antrieb dient ein von Amédée Gordini entwickelter 996-Kubik­zentimeter-Motor, der vom Aggregat des Renault 8 Gordini abgeleitet ist und 95 PS mobilisiert. Der Topspeed auf der langen Hunaudières-Geraden liegt bei 232 km/h.

Der Auftakt in Le Mans endet für die Equipe aus Dieppe tragisch: Alpine Pilot Bino Heins, Rennleiter von Willys Overland, wo Alpine die A108 in Lizenz bauen lässt, kommt auf ölverschmierter Strecke ins Schleudern und verunglückt tödlich. Die beiden anderen M63 fallen aus.

MIT DER M64 ZUM KLASSENSIEG
1964 wagt Alpine einen neuen Versuch im Le Mans. Die M64 ist trotz ihrer Ähnlichkeit mit dem Vorjahresprototyp eine komplette Neuentwicklung. Als Chassis dient nun ein besonders steifer Gitterrohrrahmen, der gerade einmal 40 Kilogramm wiegt. Die Kunststoffhaut des Renners präsentiert sich aerodynamisch optimiert, und als Motorisierungen stehen zwei Triebwerke zur Wahl: ein 1.001-Kubikzentimeter- sowie ein 1.149-Kubikzentimeter-Aggregat, beide erneut vom R 8 abstammend und von Gordini getunt. Als Höchstgeschwindigkeit sind dank der herausragenden Windschlüpfigkeit 240 km/h möglich.

Alpine geht mit drei M64 und einer M63 an den Start. Am Ende springt für die M64 von Roger de Lageneste und Henry Morrough Platz 17 im Gesamtklassement heraus und damit der Klassensieg für Prototypen 1.001 bis 1.149 Kubikzentimeter. Ausserdem holt das Duo für Alpine die Wertung der Leistungs-Verbrauchsformel. Ihr M64 benötigt bei einem Durchschnittstempo von 163,176 km/h 13,16 Liter auf 100 Kilometer.

M65: EIN AUTO, VIER MOTOREN
Für die Saison 1965 entwickelt Alpine den M64 zur M65 weiter. Auffälligstes Kennzeichen sind zwei gewaltige Heckflossen, die für eine bessere Geradeausstabilität sorgen. Ausserdem werden Gitterrohrrahmen sowie Fahrwerk modifiziert, und das Fahrzeug erhält neue Gordini Motoren, die nicht mehr auf Renault Serienaggregaten basieren. Ihre Besonderheit ist die Modulbauweise. So kann Amédée Gordini auf einer gemeinsamen Basis Hubräume von 998, 1.005, 1.296 sowie in einer späteren Aus­führung 1.470 Kubikzentimetern realisieren. In der M65 kommt exklusiv die 1,3-Liter-Ausführung zum Einsatz. Sie mobilisiert 135 PS und erlaubt 250 km/h Spitze.

Alpine ist in Le Mans mit insgesamt sechs Fahrzeugen am Start: zwei M65 1300, zwei M64 1150, einer M63 mit M64 Fahrwerk sowie einer Berlinette A110 mit M64 Karosserie. Doch trotz des grossen Aufgebots geht die Equipe diesmal leer aus. Klassensiege bei den Zwölf Stunden von Reims und dem 500-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring sorgen indes für einen versöhnlichen Saisonabschluss und zeigen das Potenzial der M65 1300.

1966: MIT DER A210 ZURÜCK IN DIE ERFOLGSSPUR
Mit der A210 präsentiert Alpine 1966 den Nachfolger der M65. Der neue Sportprototyp wird bis 1968 in vielerlei Motorvarianten im Einsatz bleiben. Die wichtigsten Änderungen gegenüber dem Vorgänger betreffen die Aufhängung. An Chassis und Aerodynamik gibt es hingegen kaum Modifikationen. Für Alpine und die A210 werden die 24 Stunden von Le Mans 1966 zum Triumphzug. Von sechs gestarteten A210 erreichen vier das Ziel. Henri Grandsire und Leo Cella erzielen einen hervorragenden neunten Gesamtrang und einen Sieg in der Klasse für Prototypen von 1.151­ bis 1.300 Kubikzentimetern. Die übrigen Alpine Teams beenden das Rennen auf den Plätzen 11, 12 und 13. In der Leistungs-Verbrauchs­wertung sichern sich die A210 Piloten Jacques Cheinisse und Roger de Lageneste Platz eins. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 171,852 km/h verbraucht ihre Alpine gerade einmal 14,79 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer. Auf den Plätzen zwei und drei der Indexwertung finden sich ihre Alpine Kollegen Mauro Bianchi/Jean Vinatier und Guy Verrier/Robert Bouharde.

Neben der 1,3-Liter-Variante lässt Alpine 1967 die A210 auch mit dem grossen 1,5-Liter-Motor aus Gordinis Modulbaukasten starten. Je nachdem, ob mit Vergaser oder Einspritzung ausgestattet, stellt der Vierzylinder 156 oder 160 PS bereit und beschleu­nigt den Prototyp auf über 270 km/h. Jean Rédélé meldet insgesamt acht Fahrzeuge für Le Mans. Davon erreichen nach 24 Stunden vier das Ziel. Bester Alpine Fahrer ist erneut Henri Grandsire, der zusammen mit José Rosinski auf dem Typ 1300 seinen neunten Platz vom Vorjahr wiederholt. Mit den Plätzen 10, 12, 13 wiederholen auch die anderen A210 Besatzungen nahezu das Ergebnis des Jahres 1966. Allerdings gibt es für das Team aus Dieppe diesmal keinen Sieg in einer der Indexwertungen zu feiern.

A211 UND A220: ERSTMALS MIT V8-POWER
Der Erfolg von Alpine in den kleinen Hubraumklassen macht Alpine und Renault hungrig auf mehr: den Gesamtsieg in Le Mans. Zu diesem Zweck ergeht an Gordini der Auftrag, einen 3-Liter-V8-Motor zu entwickeln, der einerseits für die Serie, andererseits für den Prototypen-Sport taugt. Der Achtzylinder des legendären Motorenzauberers verfügt über vier obenliegende Nockenwellen, einen Zylinderwinkel von 90 Grad und eine Leistung von rund 300 PS, in späteren Versionen mit Einspritzung steigt die Power auf 350 PS. Verständlich, dass das neue Triebwerk Umbauten an der A210 erforderlich macht. Aus dem bewährten Renner wird die A211. Mit dem potenten 3-Liter-Motor schafft diese zwar über 315 km/h, schnell wird Rédélé und seinem Team aber klar, dass das ursprünglich für Vierzylinder konzipierte Auto für das neue Aggregat noch immer zu klein ist. Deshalb entwickeln sie in Windeseile die A220 mit speziell adaptiertem Chassis und Fahrwerk sowie weiter modifizierter Aerodynamik. Im Vergleich zu den Typen A210 und A211 ist die neue A220 deutlich länger, breiter und niedriger. Zwei grosse Lufteinlässe in den hinteren Flanken prägen die Seitenansicht, riesige Scheinwerferabdeckungen die Frontpartie.

1968: MIT REKORDAUFGEBOT NACH LE MANS
Zum grossen Vorteil für Alpine erzwingen die Studentenunruhen des Jahres 1968 die Verlegung der 24 Stunden von Le Mans in den September, so dass die A220 gerade noch rechtzeitig für das grosse Motorsportereignis fertig werden. Nach einem dritten Platz für eine A211 bei den 1.000 Kilometern von Monza fährt die Alpine Equipe voller Zuversicht über das Potenzial des neuen 3-Liter-Motors an die Sarthe. Dort lässt Rédélé gleich elf Fahrzeuge starten: vier A220, fünf A210 und zwei A110. Jean Vinatier und André de Cortanze in der A220 erreichen zwar einen passablen achten Platz, die anderen 3-Liter-Alpine werden aber ein Opfer von Kinderkrankheiten und fallen aus. Immerhin kommen die bewährten A210 auf die Plätze 9, 10, 11 und 14 und gewinnen in den Indexwertungen für die Effizienz und das Verhältnis der Motorleistung zur zurückgelegten Distanz.

1969: ABSCHIED VON DER LANGSTRECKE
Die 24 Stunden von Le Mans 1968 haben gezeigt, dass der Abstand zur Konkurrenz aus Deutschland, Amerika und Italien gross ist. Ausserdem erwächst Alpine und Renault in Matra ein nationaler Wettbewerber auf der Rennstrecke, der sich üppige staatliche Fördergelder für seine Motorsportprojekte sichern kann. Renault, Alpine und Gordini gehen bei der Zuteilung leer aus. Rédélé und seine Mannschaft schrauben daher ihre Hoffnungen auf einen Le-Mans-Sieg zurück und werden von der Realität bestätigt. Alpine reist 1969 mit vier A210 und vier A220 zum legendären 24-Stunden-Rennen an die Sarthe. Von den acht Startern fallen sieben aus, lediglich eine A210 mit 1-Liter-Motor kommt auf Rang zwölf ins Ziel und gewinnt obendrein in ihrer Klasse. Die Konsequenz: Alpine Patron Rédélé verabschiedet sich vom Prototypen-Sport. Dies fällt umso leichter, als die A110 auf der europäischen Rallye-Bühne gerade gross rauskommt, und es sich lohnt, seine Ressourcen hier zu investieren.

1973: ERFOLGREICHE RÜCKKEHR IN DEN PROTOTYPEN-SPORT
Noch während Anfang der 1970er-Jahre die A110 die Rallye-Szene dominiert, werden bei Alpine und dem neuen Eigentümer Renault die Weichen für die Rückkehr nach Le Mans gestellt. Die Sportwagenschmiede in Dieppe und der grosse Automobilhersteller beschliessen, auf dem Weg über die 2-Liter-Sportwagen-Europameisterschaft wieder in den Langstrecken­sport einzusteigen. Gordini entwickelt hierfür 1972 einen 2-Liter-V6-Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel und rund 300 PS Leistung und Alpine einen neuen, offenen Sportprototyp, die A440. Das Paket liefert schon in der Premierensaison 1973 gute Ergebnisse, hat jedoch noch mit Problemen bei der Zuverlässigkeit zu kämpfen.

Das ändert sich im Folgejahr mit der neuen A441. Sie ist nahezu zwei Zentimeter schmaler als ihre Vorgängerin, erhält einen modifizierten Rahmen, der Motor wandert noch mehr Richtung Fahrzeugmitte direkt in den Rücken des Fahrers und der Ölkühler in die Front. Alain Cudini gewinnt bereits das erste Rennen der Saison 1974 in Le Castellet, der Beginn einer Erfolgsserie ohnegleichen, die im zweiten Halbjahr in sieben Siegen in Folge kulminiert. Neben Cudini tragen sich Gérard Larousse, Jean-Pierre Jabouille und Alain Serpaggi, der auch die Fahrermeisterschaft gewinnt, in die Siegerliste ein.

MIT TURBO-POWER WIEDER NACH LE MANS
Die Erfolge der A441 sorgen dafür, dass Renault grünes Licht dafür gibt, den 2-Liter-Motor mit einem Turbolader auszustatten und 1975 eine Klasse höher in der Marken-weltmeisterschaft sowie in Le Mans zu starten. Das entsprechende Fahrzeug hierfür namens A442 steht schon in den Startlöchern. Dank Turbo-Power kommt es auf 490 PS, so viel wie noch kein Fahrzeug von Alpine oder Renault zuvor. Allerdings macht der Automobile Club de l’Ouest, der die 24 Stunden von Le Mans veranstaltet, der Renault Alpine Equipe und anderen Teams einen Strich durch die Rechnung, indem er ein Reglement formuliert, das in Widerspruch zum Regelwerk der Motorsportabteilung der FIA steht. So bleibt den Teams nur die Wahl, entweder in Le Mans oder bei der Marken-weltmeisterschaft zu starten.

Renault und Alpine entscheiden sich für Letzteres und feiern gleich bei der Saisoneröffnung, dem 1.000-Kilo­meter-Rennen im italienischen Mugello, einen Sieg. Die Piloten Larousse und Jabouille fahren dabei noch ein Interimsmodell namens A441T, das noch weitgehend dem Typ 441 entspricht, aber schon wesentliche Elemente der A442 beinhaltet.

STEINIGER WEG ZUM ERFOLG
Der Erfolg von Mugello soll für drei Jahre der letzte Triumph eines Renault Alpine Fahrzeugs auf der Langstrecke sein. Zwar erzielt die A442 in der Folgezeit viele Podiumsplatzierungen, hat aber mit starker Konkurrenz und einer gehörigen Portion Pech zu kämpfen. So katapultieren sich die A442 Piloten Patrick Depailler und Jean-Pierre Jabouille 1976 auf dem Nürburgring selbst von der Strecke. In Imola müssen die Alpine Fahrer in aussichtsreicher Position wiederholt die Strecke verlassen, um Kollisionen mit lang­sameren, unerfahrenen Piloten zu verhindern. Auch der Ausflug nach Le Mans, wo der neue Rennleiter Larousse nur eine A442 mit Jean-Pierre Jabouille und Patrick Tambay am Steuer starten lässt, endet vorzeitig mit einem technischen Defekt.

1977 konzentriert sich das Renault Alpine Team ganz auf die 24 Stunden von Le Mans. Der Auftritt am Circuit del a Sarthe ist generalstabsmässig geplant, nichts wird dem Zufall überlassen. Insgesamt sind vier A442 am Start: drei Werkswagen und das Fahrzeug eines Privatteams. Mit Jean-Pierre Jabouille/Derek Bell, Patrick Depailler/Jacques Laffite und Patrick Tambay/Jean-Pierre Jaussaud schickt die Equipe drei gut vorbereitete Fahrerteams ins Rennen. Doch wieder reisst eine Serie von Defekten die Renault Alpine Crew aus den Siegträumen. Besonders bitter: Jabouille/Bell liegen in Führung, als sie als letzte Werkspiloten in Runde 289 einen Motorschaden erleiden. Als einziges Fahrzeug mit dem Renault Turbo belegt ein Mirage Renner Platz zwei im Endklassement, was das Potenzial des Antriebs unter Beweis stellt.

MIT AUFWENDIGEN TESTS ZU MEHR STANDFESTIGKEIT
Die erneute Niederlage in Le Mans ist für Renault Alpine ein herber Rückschlag. Umso verbissener macht sich das Team an die Vorbereitung für den nächsten Anlauf im Jahr 1978. Im November 1977 führt die Equipe extra Hochgeschwindigkeitstests auf einer Rennstrecke in den Vereinigten Staaten durch, um erneute Kolbenschäden auf der Hunaudières zu verhindern, auf der die A442 rund 50 Sekunden lang mit über 350 km/h Topspeed entlangjagen. Die Erkenntnisse münden in die Modifikation der bisherigen Motoren und den Aufbau eines komplett neuen Einzeltriebwerks, das mit 2.140 Kubikzentimeter Hubraum gerade noch innerhalb der Grenzen des Reglements liegt. Das Aggregat wird zur Basis für die ebenfalls neu entwickelte A443, der eigentlich die Rolle zugedacht ist, den Lorbeer in Le Mans einzufahren. Hierbei soll auch ein aerodynamisch geformter, transparenter Windabweiser helfen, der gleichzeitig als Dach dient.

ENDLICH AM ZIEL: DER LE-MANS-SIEG 1978
Zusätzlich zu der von Jean-Pierre Jabouille und Patrick Depailler pilotierten A443 schickt Renault Alpine zwei A442 ins Rennen. Besetzt sind sie von Didier Pironi/Jean-Pierre Jaussaud und Derek Bell/Jean-Pierre Jarier. Hinzu kommt die vom Privatteam Calberson betreute A442 Nummer drei mit dem Trio Guy Fréquelin/Jean Ragnotti/José Dohlem am Steuer.

Das Rennen wird zum echten Krimi, die Renault Alpine liegen phasenweise auf den Plätzen eins, zwei, drei und fünf, doch dann müssen nacheinander Bell/Jarier und die als teaminterne Favoriten betrachteten Jabouille/Depailler aufgeben. Daraufhin übernehmen Didier Pironi und Jean-Pierre Jaussaud die Führung und sind nicht mehr einzuholen. Nach 24 Stunden sichern sie Renault und Alpine den heiss ersehnten Triumph in Le Mans. Die beiden Franzosen bringen ihre A442 mit fünf Runden Vorsprung ins Ziel. Das Calberson Team fährt seine A442 auf Platz vier.

AUCH IM FORMEL-SPORT ERFOLGREICH UNTERWEGS
Alpine Patron Rédélé hat die Ambition, in möglichst vielen Rennserien präsent zu sein. Deshalb steigt er parallel zum Le-Mans-Projekt 1964 in die Formel 3 und Formel 2 ein. Auch bei den Monoposti setzt er von Beginn an auf bewährte Renault Technik. Die Motoren werden von Gordini oder der Firma Le Moteur Moderne „scharf“ gemacht und leisten 80 PS (Formel 3) und 105 PS (Formel 2). Während Alpine in der Formel 2 ausschliesslich Werksfahrer starten lässt, steht die Formel 3 auch Privatteams offen.

Gleich in der Premierensaison erringt Alpine Pilot Henri Grandsire den Titel in der französischen Formel 3-Meisterschaft. In der Formel 2, deren Fahrerfeld gespickt ist mit ehemaligen Formel 1-Weltmeistern, kommt Werksfahrer José Rosinski auf einen respektablen 13. Platz. Der Auftakt lässt hoffen, doch haben die Alpine in den kommenden Jahren gegen die Übermacht der britischen Teams und des Ford Cosworth Triebwerks einen schweren Stand. Insbesondere in der Formel 3 gelingen den Autos aus Dieppe mit jungen Talenten wie Patrick Depailler, Jean-Pierre Jabouille und François Cevert aber immer wieder Achtungs­erfolge. 1971 ist es dann so weit: Depailler sichert sich mit der A360 die französische Formel 3-Meisterschaft. 1972 wiederholt Michel Leclère diesen Erfolg.

VON DER FORMULE FRANCE ZUR FORMEL RENAULT
Die Formel 2 steht unter keinem guten Stern. 1968 zieht sich Alpine aus ihr zurück und wendet sich stattdessen einer neuen Nachwuchsserie unterhalb der Formel 3 zu: der Formule France. Als Einheitstriebwerk dieser Einstiegsserie in den Monoposto-Sport dient das Triebwerk des Renault 8 Gordini. Alpine tritt in der Formule France gegen eine Reihe weiterer französischer Rennwagenbauer wie Elina, Grac und Martini an. 1971 wird die Serie umgetauft in Formel Renault, die Alpine Piloten werden zu Werksfahrern. Damit beginnt eine bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte in der Förderung des Grand-Prix-Nachwuchses. Zahlreiche Formel 1-Weltmeister wie Alain Prost, Sebastian Vettel, Fernando Alonso, Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen werden in der Formel Renault Rennerfahrung sammeln.

A350: DER TRAUM VON DER FORMEL 1
Auch die Formel 1 selbst ist bei Alpine ein Thema. 1968 konstruiert der Sportwagen­bauer sogar einen eigenen Formel 1-Boliden mit 3-Liter-V8-Motor von Gordini und der internen Codierung A350. Werkspilot Mauro Bianchi unternimmt unter strengster Geheimhaltung Testfahrten auf der Rennstrecke im niederländischen Zandvoort. Eine Besonderheit des Autos ist die in Zusammenarbeit mit Spezialisten von Michelin entworfene Radaufhängung. Sie gewährleistet, dass die Räder immer in konstant senkrechter Position zur Fahrbahn bleiben. Bianchi attestiert dem Monoposto deshalb auch ein exzellentes Fahrverhalten. Dem auf Zuverlässig­keit im Langstreckeneinsatz hin optimierten Triebwerk aus den Le-Mans-Rennern von Alpine fehlt es allerdings an Power. Dies erkennt auch Renault, wo man den Bau eines eigens für die Formel 1 konzipierten Rennmotors sowie einen Einstieg in die Königsklasse noch scheut und deshalb einen Schlussstrich unter das Projekt zieht.

MIT HILFE VON ALPINE ZUM TURBO-DEBÜT IN DER FORMEL 1
Die Haltung von Renault zum Einstieg in die Formel 1 wird sich bis Mitte der 1970er-Jahre grundlegend ändern. 1976 bündelt Renault seine Motorsportaktivitäten in der Abteilung Renault Sport mit Sitz im Gordini Motorenzentrum Viry-Châtillon. Bereits kurz nach Gründung der Sportabteilung fällt die Entscheidung zu einer Ausweitung des Motorsportengagements auf die Formel 1. Nicht zuletzt deshalb, weil sich in der Topliga des Motorsports bis dahin kein Konstrukteur an diese Technologie herangewagt hat, und Renault auf diese Weise seine technische Kompetenz unter Beweis stellen kann, setzt der Konzern voll auf die Turbotechnik. Den geeigneten Motor dafür hat das Unternehmen bereits: den 2-Liter-V6, der in den Renault Alpine Sportprototypen für Furore sorgt.

Da der Hubraum für aufgeladene Motoren in der Formel 1 vom Reglement auf 1,5 Liter limitiert ist, reduzieren die Renault Sport Ingenieure das Volumen entsprechend. Für die Beatmung der Brennräume sorgt wie bei den Le-Mans-Rennern ein einziger Turbolader. Jetzt fehlt nur noch ein Versuchsträger für das Triebwerk, und den baut Alpine. Unter der Werksbezeichnung A500 testet Jean-Pierre Jabouille 1976 und 1977 das Auto auf verschiedenen französischen Rennstrecken, in Spanien und Südafrika. Dabei gilt das Augenmerk nicht nur dem Motor, sondern auch dem Chassis. Als direkter Abkömmling der A500 entsteht so der Renault RS01, der im Juli 1977 beim Grossen Preis von England als erster Turbo-Bolide in der Formel 1 an den Start geht.

2021: RÜCKKEHR IN DIE KÖNIGSKLASSE UND AUF DIE LANGSTRECKE
Über 40 Jahre später formiert sich Alpine ab 2021 gleich in zwei Motorsportklassen neu und unterstreicht damit seine Ambitionen als Sportwagen-Marke der Renault Gruppe: Das Renault Formel-1-Werksteam startet ab der kommenden Saison als Alpine F1 Team in den Farben der französischen Trikolore: Der neue Formel 1-Wagen wird rot, weiss und blau lackiert sein. Als Fahrer übernehmen der zweimalige F1-Weltmeister Fernando Alonso aus Spanien und der Franzose Esteban Ocon das Steuer.

Darüber hinaus wird Alpine in der kommenden Saison unter dem Namen Alpine Endurance Team in der LMP1-Klasse der Langstrecken-Weltmeisterschaft (World Endurance Championship, kurz WEC) an die Startlinie rollen. In den vergangenen Jahren war Signatech-Alpine erfolgreich in der LMP2-Kategorie präsent und gewann dreimal die LMP2-Wertung bei den 24 Stunden von Le Mans.
Für das neue Engagement wird Alpine einen Alpine LMP1-Prototypen auf der Basis eines Oreca-Fahrgestells und eines Gibson-Motors einsetzen. Das Alpine Endurance Team wird den LMP1-Prototypen und die Fahrerbesetzung in den kommenden Monaten zu Beginn seines Testprogramms vorstellen.

Patrick Marinoff, Alpine Managing Director sagt: „Der Motorsport ist untrennbar mit der Marke Alpine verbunden. Nach acht erfolgreichen Jahren in der LMP2 ist es Zeit für den nächsten Schritt. Die jüngsten Änderungen des Reglements für 2021 ermöglichen es der Marke, in der kommenden Saison ihr technisches Know-how und ihre Rennerfahrung in einem wettbewerbsorientierten und fairen Umfeld zu zeigen. Durch verschiedene Massnahmen zur Kostenkontrolle können wir dies mit einer überschaubaren Investition sicherstellen. Gemeinsam mit dem Partner Signatech wollen wir ein neues Kapitel in der Geschichte von Alpine schreiben und mit den französischen Farben auf dem höchsten Niveau des Motorsports antreten."
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